Seit Jahren debattieren Hirnforscher und Philosophen über den freien Willen. Neurowissenschaftliche Versuche belegen, dass freie Entscheidungen im Gehirn sichtbar sind, ehe diese bewußt gefällt wurden. Ist unser Bewusstsein eine biochemische Maschinerie, die uns so etwas wie einen freien Willen vorgaukelt? Ist der freie Wille nur eine Illusion?
Hirnforschung und Willensfreiheit
Das Problem der Willensfreiheit ist in letzten Jahren von Philosophen, Hirnforschern, Psychologen, Medizinern und Rechtswissenschaftlern intensiv diskutiert worden. Eine zentrale Frage ist, ob die moderne Hirnforschung den freien Willen in Frage stellt. Diese Frage zu klären ist nicht nur von rein wissenschaftlichem Interesse. Die Willensfreiheit wird oft als notwendig für rechtliche Verantwortung angesehen. Für wissenschaftliche Studien zum Problem der Willensfreiheit ist es wichtig, dass sie das Phänomen, welches wir alltagssprachlich als „Freiheit“ bezeichnen, korrekt erfassen.
Bislang sind Wissenschaftler und Philosophen dabei von ihrem jeweils eigenen und sogar individuellen Verständnis von Freiheit ausgegangen. Empirische Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass dieses intuitive Verfahren wenig zuverlässig ist. Auch die üblichen psychologischen Methoden helfen hier nicht weiter, da sie auf Psychologiestudenten als Versuchspersonen angewiesen sind, also wiederum nur Auskunft über das Verständnis einer sehr kleinen Gruppe geben würden, die außerdem bereits durch den akademischen Betrieb geprägt ist.
Wirklich zu beheben ist dieses Defizit nur durch eine repräsentative Untersuchung der Vorstellung von Freiheit in der allgemeinen Bevölkerung.
Notwendigkeit einer solchen empirischen Umfrage
Eine möglichst genaue und repräsentative Vorstellung vom Alltagsverständnis von Freiheit ist essentiell für unsere experimentelle (Haynes) und philosophische (Pauen) Arbeit zum Thema Willensfreiheit und Verantwortung. Die Bedeutung für die experimentelle Arbeit besteht darin, dass nur so sichergestellt werden kann, dass die Experimente tatsächlich das allgemein „Freiheit“ bezeichnete Phänomen erfassen (Validität).
Die Bedeutung für die philosophische Arbeit besteht darin, dass nur so sichergestellt werden kann, dass die philosophischen Begriffsanalysen das Alltagsverständnis von Freiheit angemessen berücksichtigen. Dabei geht es nicht darum, philosophische Begriffsanalysen durch Umfragen zu ersetzen; es ist jedoch notwendig, dass solche Begriffsanalysen in Kenntnis des Alltagsverständnisses durchgeführt werden. Eine solche Kenntnis liegt bislang allenfalls bruchstückhaft vor.
Die Einsicht in die Notwendigkeit von empirischen Erhebungen zum Begriffsverständnis ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Wie bereits erwähnt, ist das Problem jedoch mit den üblichen Verfahren der akademischen Forschung nicht zu lösen, da hier aus naheliegenden Gründen auf Psychologiestudenten als Versuchspersonen zurückgegriffen wird. Hierbei handelt es sich um eine sehr homogene und bereits durch den akademischen Betrieb geprägte Gruppe. Zurzeit wird intensiv diskutiert inwiefern Revisionen wissenschaftlicher Modelle von Willensfreiheit auch Implikationen für rechtliche Verantwortung haben. Umso wichtiger ist es, dass diese Diskussion nicht nur von der Meinung einiger weniger Fachleute geprägt ist.
Deshalb ist eine repräsentative Erhebung der Freiheitsintuitionen breiter Bevölkerungsschichten absolut notwendig. Obwohl der Gedanke einer repräsentativen Untersuchung eigentlich naheliegend ist, ist er bislang in Deutschland – wohl auch aufgrund von Problemen mit der staatlichen Forschungsförderung – nicht umgesetzt worden.
Unsere Unterstützung
Die Stiftung Humboldt-Universität konnte dank der Spenden ihrer Förderer die Durchführung der Studie im Jahr 2017 unterstützen. Sollten Sie weitere Fragen bezüglich des Projekts haben, können Sie uns gerne kontaktieren.